Orkantief "Xaver"
Fazit des Einsatzleiters des Cuxhavener Deichverbandes, Schultheiß Jürgen Schubel
Sturmtief „Xaver“ hat uns vom 5. bis 7.12.2013 mit 4 Sturmfluten in Atem gehalten und wird uns auch noch reichlich beschäftigen, um die Massen von angeschwemmtem Treibgut und Flugsand vom Deich
zu räumen.
Am Steubenhöft in Cuxhaven wurden folgende Pegelstände gemessen:
am 5. 12. 2013 nachmittags gegen 15 Uhr: 8,25 m
am 6. 12. 2013 nachts gegen 3 Uhr: 9,67 m
am 6. 12. 2013 nachmittags gegen 15 Uhr: 8,90 m
am 7. 12. 2013 nachts gegen 3 Uhr: 7,85 m
PN + 9,67 m = MHW + 3,15 m. Die höchste Flut lag also 3,15 m über mittlerem Hochwasser.
Pegelnull am Steubenhöft liegt 5 m unter NN.
Mittleres Hochwasser (MHW) liegt in Cuxhaven bei NN + 1,52 m.
Zum Vergleich:
Sturmflut am 03.01.1976: PN + 10,10 m
Sturmflut am 16.02.1962: PN + 9,95 m
Sturmflut am 21.01.1976: PN + 9,70 m
Sturmflut am 03.12.1999: PN + 9,57 m.
Wenn man bedenkt, dass am Nikolaustag nachts um 3 Uhr eine der höchsten Sturmfluten getobt hat, die Cuxhaven je erlebt hat, dann können wir vor allem sehr erleichtert sein über den glimpflichen
Ausgang, aber auch stolz auf die getroffene Vorsorge, die sich jetzt ein weiteres Mal bewährt hat.
Denn:
Die Deiche im Gebiet des Cuxhavener Deichverbandes haben die 4 Sturmfluten, die „Xaver“ uns beschert hat, ohne nennenswerte Schäden überstanden. Das ehrt vor allem unsere Mitarbeiter, die den
Deich unermüdlich in gutem Pflegezustand halten. Natürlich braucht man auch ein bisschen Glück. Aber: die Deichverteidigung findet im Sommerhalbjahr statt. Unsere Deiche werden im Sommer
vielfältig genutzt. Wer uns bei der Regelung dieser Nutzung als zu pingelig empfunden hat, sollte jetzt nach „Xaver“ einmal an den Deich gehen und kann dann sehen, wo das Wasser gestanden hat,
was Sturmfluten anrichten können und dass nur eine gut geschlossene unbeschädigte Grasnarbe uns allen die nötige Sicherheit gibt.
Unsere Deiche waren ausreichend hoch, im Querschnitt gut bemessen und auch sonst verlässlich gesichert, um selbst bei höchsten Fluten jederzeit den nötigen Schutz zu bieten für die Menschen, die
hinter den Deichen sich auf sie verlassen. Dennoch ist erst recht nach „Xaver“ unübersehbar, dass die Steinpackung am Deichfuß (das sogenannte Deckwerk) ständig der Ausbesserung bedarf. Die
Steine mit Verguss lückenlos zu verklammern und dies wenn nötig nachzubessern, ist eine permanente Aufgabe, die trotz der berechtigten Debatte um die Frage, ob dafür Elastocoast als Baustoff in
Frage kommt, weder vernachlässigt noch aufgeschoben werden darf. „Xaver“ hat akuten Handlungsbedarf erneut sehr deutlich gemacht.
Das gilt für die Grimmershörnbucht und den Grodener Schardeich. Die Steinpackungen sind zusammen mit den Buhnen der Garant dafür, dass die Deiche auf der heutigen Küstenlinie gehalten werden
können. Ihre Wehrhaftigkeit zu erhalten, darf nicht vernachlässigt werden.
Die in einigen Deichabschnitten vorgelagerten Dünen haben dem Angriff der hohen Fluten widerstanden. Das bestätigt unsere Einschätzung, dass hier nur eine geringere Deichhöhe notwendig ist. Die
vorgelagerten Dünen halten außerdem den Flugsand vom Deich fern, insbesondere bei Orkan, und dienen insofern dem Deichschutz.
Die Organisation des Schließens der Tore im Hafen ist bei der Hafenverwaltung des Landes Niedersachsen, der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG, in erfahrenen, verantwortungsbewussten und
zuverlässigen Händen.
Auch die Bauteile der neuen Strandpromenade sind im Wesentlichen unbeschädigt geblieben. Die Betonwulste an der Nahtstelle zwischen Deckwerk (im Sand) und Promenade haben sich als absolut
standsicher erwiesen und tragen zur Verringerung der Energie des Wellenschlags erheblich bei. In ihrem Schutz blieb die Düne fast unbeschädigt. Auch die gerundeten „Kanten“ der Promenade haben
sich bewährt und sogar der neue attraktive Asphalt ist erfreulicherweise ohne Beschädigung davon gekommen.
Zwar gehört die Wolskermarsch in Sahlenburg noch nicht zu unserem Verbandsgebiet. Die „Xaver“-Sturmfluten haben aber allen vor Augen geführt, wie sehr ein Deich für die Wolskermarsch notwendig
ist, um für alle in Cuxhaven gleiche Deichsicherheit zu erlangen.
Nach „Xaver“ besteht für alle Ungläubigen die Gelegenheit, sich vor Ort davon zu überzeugen, wozu Wasserkraft imstande ist, und was nötig ist, um ihr zu widerstehen. Dazu muss man nur auf den neu
ausgebauten Damm gehen, der zur Kugelbake führt, und kann sehen: eine Sitzbank aus Beton ist davon geschwommen, schweres Deckwerk vom Rand mitsamt seiner Betonverklammerung in großen Stücken vom
Wasser sozusagen „beiseite gelegt“ worden. Das sind Beispiele dafür, wie wichtig es gerade beim Deich- und Wasserbau ist, vorausschauend zu planen und gewissenhaft zu arbeiten. Deutlich wird
dadurch auch, dass im Winterhalbjahr Mobiles aus dem Gelände vor dem Deich zu entfernen ist, um von ihm ausgehende Gefährdungen des Deiches auszuschließen.
Der Cuxhavener Deichverband war mit „voller Besetzung“ im Einsatz. Dabei waren wir eng vernetzt mit dem Gefahrenabwehrstab, den der Oberbürgermeister der Stadt Cuxhaven in solchen Lagen
einberuft. Es ist gut zu erleben und dann zu wissen, dass die Bevölkerung Cuxhavens bei Sturmflutgefahren nicht nur von den Deichen, sondern auch von den verantwortlichen Organisationen und
Behörden – gut organisiert und jederzeit einsatzbereit – geschützt wird.
Ich danke allen, die sich ehrenamtlich oder beruflich für Cuxhavens Deichsicherheit eingesetzt haben, nicht nur aber gerade auch in den letzten Tagen. Ihre Mühe hat sich gelohnt.
Jürgen Schubel
Schultheiß des Cuxhavener Deichverbandes
Das Vorstehende ist am 9. Dezember 2013 auch als Presseerklärung an die Cuxhavener Medien gegeben worden.